3.                       Bevölkerungsentwicklung

3.1.                 Bisherige Entwicklung  (s. Abb.1 und Tab.1)

Die Bevölkerungsentwicklung im Nachbarschaftsverband Ulm ist trotz der beachtlichen Einwohnerzunahmen in den letzten Jahrzehnten nicht immer kontinuierlich verlaufen. Per Saldo konnten zwar seit 1950 die Einwohnerzahlen mit einer Zunahme von 47 % (Ulm) bis 102 % (Erbach) bzw.  seit 1980 von 6,3 % (Blaustein) bis 24,6  % (Schnürpflingen) kräftig anwachsen, doch verliefen diese Zunahmen in Schüben, die z. T. durch Stagnationsphasen oder sogar Rückgänge durchsetzt waren.

Tab.1: Bevölkerungsentwicklung Nachbarschaftsverband Ulm

 Gebietsstand 1995)

   

Einwohner

Veränderung in %

   

1950

1970

1980

1990

1995

1995/

1950

1995/

1980

 

Ulm

76.961

101.948

104.347

108.824

112.855

+   46,6

+   8,2

 

Blaustein

8.690

12.996

13.740

13.464

14.611

+   68,1

+   6,3

 

Erbach

5.887

9.077

10.556

11.145

11.918

+ 102,4

+   2,9

 

Illerkirchberg

2.317

3.475

3.738

4.010

4.358

+   88,1

+ 16,6

 

Staig

1.590

2.070

2.775

2.800

2.949

+   85,4

+   6,2

 

Hüttisheim

1.003

1.007

1.194

1.268

1.345

+   34,1

+ 12,6

 

Schnürpflingen

839

890

1.099

1.262

1.369

+   63,2

+ 24,6

 

Umlandgem.

20.318

29.517

33.102

33.950

36.549

+   79,9

+ 10,4

 

NV Ulm

97.279

131.465

137.449

142.774

149.404

+   53,6

+   8,7

Vor allem in Ulm machten sich in den 60er und 70er Jahren eine zu geringe Wohnungsbauleistung und das knappe Angebot an Bauflächen durch jahrelange Abwanderungstendenzen ins Umland bemerkbar. Eine Umkehrung dieses Prozesses konnte erst nach den umfangreichen Eingemeindungen der 70er Jahre und den dadurch möglichen zusätzlichen Wohnbauflächen erreicht werden.

Die schwunghafte Einwohnerentwicklung nach 1950 beruhte in erster Linie auf dem kräftigen Wirtschafts- und Arbeitsplatzwachstum in Ulm und dem dadurch ausgelösten Sog auf Zuwanderer aus anderen, wirtschaftlich schwächeren Regionen; aber auch das natürliche Bevölkerungswachstum war zunächst noch sehr ergiebig, bis es Anfang der 70er Jahre durch ein sich rapide änderndes Geburtenverhalten zu einer Restgröße schrumpfte. Das Einwohnerwachstum nach 1985 hat keine endogenen Ursachen; es ist in erster Linie auf die bekannten geopolitischen Vorgänge wie Kriege, wirtschaftliche Nöte und den Zusammenbruch des kommunistischen Systems zurückzuführen, die sich bei uns als massenhafter Zustrom von Ausländern, Asylbewerbern, Aussiedlern, Umsiedlern etc. niedergeschlagen haben.


In der Stadt Ulm ist der Einwohnerzuwachs ausschließlich auf diesen Personenkreis zurückzuführen, in den Umlandgemeinden dagegen ist dessen Anteil am Zuwachs z.T. erheblich geringer.

Zur Vermeidung von schwerwiegenden Folgen dieser Zuwanderung für Staat und Gesellschaft hat die Bundesregierung inzwischen Maßnahmen  ergriffen, die den weiteren Zustrom aus dem Ausland eindämmen sollen. Seit  drei Jahren sind nun Erfolge dieser Politik zu verzeichnen, so dass längerfristig eine Beruhigung des Zuwanderungsstromes aus dem Ausland zu erwarten ist.

 

3.2.                 Strukturmerkmale

·         Altersstruktur (s. Abb. 2,  Tab.2)

Der Altersaufbau unserer Gesellschaft weist viele Brüche und Störungen auf, die auf vielerlei Einflüsse der Vergangenheit, insbesondere auf Not- und Kriegszeiten, seit den letzten 25 Jahren aber auf eine völlige Änderung des Geburtenverhaltens zurückzuführen sind. Deutliche Abweichungen von einem gleichmäßigen Aufbau durchziehen die gesamte Altersskala. Am deutlichsten fallen jedoch die Geburtenausfälle seit den 70er Jahren auf, die in wenigen Jahren einen weiteren langanhaltenden Geburtenabfall mit noch niedrigeren Anteilen der nachfolgenden Generation zur Folge haben werden.


Abb. 2  Altersstruktur Nachbarschaftsverband Ulm 1995

Tab. 2:  Altersstruktur Nachbarschaftsverband Ulm 1995

   

Einwohner-Anteil in %

   

u. 15 J.

15 - u. 20 J.

20- u. 45 J.

45 - u. 65 J.

  65 u.m.J.

 

Ulm

15,4

5,3

38,7

24,3

16,3

 

Blaustein

16,8

5,2

39,3

24,8

14,0

 

Erbach

19,8

6,0

38,4

23,0

12,9

 

Illerkirchberg

17,7

5,2

38,9

24,4

13,8

 

Staig

18,3

5,9

38,8

25,4

11,6

 

Hüttisheim

21,2

5,4

38,2

23,5

11,7

 

Schnürpflingen

23,6

5,8

39,6

19,7

11,3

 

NV Ulm

16,2

5,3

38,8

24,2

15,5

 

Baden.-Württ.

16,9

5,2

38,6

24,3

14,9

Der Altersaufbau im Nachbarschaftsverband Ulm ist fast identisch mit jenem des Landes Baden-Württemberg; allerdings treten innerhalb des Verbandes Unterschiede auf, vor allem zwischen der Stadt Ulm und den Nachbargemeinden (ohne Blaustein): während in Ulm der Anteil der Kinder deutlich unter denen des Umlandes liegt, verhält es sich bei den Senioren über 65 Jahren umgekehrt; bei den dazwischenliegenden Jahrgängen sind praktisch keine Abweichungen zwischen Stadt und Umland erkennbar.


·         Ausländeranteil  (s. Tab. 3)

Der immer noch steigende Anteil ausländischer Einwohner stellt ein markantes Strukturmerkmal unserer Bevölkerung dar. Zahl und Anteil der ausländischen Einwohner sind mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung in den 80er Jahren ständig gewachsen. Die Motivation und die demographische Struktur der Zuwanderer hat sich seit Beginn der Wanderungswelle mehrfach geändert: dem ursprünglichen Wunsch nach einem Arbeitsplatz folgte der Nachzug von Familienmitgliedern; in jüngerer Zeit spielen Not, Kriege und Verfolgung eine wesentliche Rolle.

Tab. 3: Ausländeranteil im Nachbarschaftsverband Ulm

   

1975

1995

   

Ausländer

% d. Einw.

Ausländer

% d. Einw.

 

Ulm

13.392

 13,0

19.474

17,3

 

Blaustein

1.119

8,1

1.520

10,4

 

Erbach

890

8,4

1.146

9,6

 

Illerkirchberg

199

5,5

308

7,1

 

Staig

157

6,2

167

5,7

 

Hüttisheim

91

8,3

88

6,5

 

Schnürpflingen

16

1,2

120

8,7

 

NV Ulm

15.864

11,7

22.823

15,3

 

Baden-Württ.

838.213

9,2

 1.348.130

13,1

Den größten Anteil  mit fast einem Drittel halten türkische Staatsangehörige, dem ein nur etwas geringerer Anteil an Einwohnern aus dem ehemaligen Jugoslawien folgt; ansonsten entfällt nur noch auf die Italiener ein stärkeres Kontingent, der Rest rekrutiert sich aus einer Vielzahl von Staaten.

Bei aller Heterogenität der ausländischen Mitbewohner sind bei einem großen Teil deutliche integrative Bestrebungen erkennbar. Dies hängt mit der zunehmenden Verweildauer im Gastland und dem steigenden Anteil der hier Geborenen und Aufgewachsenen zusammen. Wesentliche demographische Strukturen haben sich bereits denen der deutschen Bevölkerung angepasst. Die Generation der überwiegend aus ledigen Männern bestehenden ursprünglichen Gastarbeitergeneration ist längst in eine Bevölkerung mit "normalen" Alters-, Haushalts- und Familienstrukturen hinübergewachsen. Es bleibt zu hoffen, dass auch die soziale Integration weitere Fortschritte macht.

Innerhalb des Nachbarschaftsverbandes ist eine deutliche Stadt-Umland-Differenzierung feststellbar: der Ulmer Ausländeranteil  liegt deutlich über dem Durchschnitt, während die Anteile der Umlandgemeinden in umgekehrter Größenordnung zur Einwohnerzahl nach unten abgestuft sind.


·         Haushaltsstruktur (s. Tab. 4)

Seit Jahrzehnten ist die Haushaltsstruktur unserer Gesellschaft im Umbruch: größere Haushalte haben stark abgenommen, kleine Haushalte und insbesondere die Einpersonen-Haushalte haben enorm zugenommen. Zwischen 1950 und 1987 hat sich die durchschnittliche Haushaltsgröße praktisch halbiert, wobei dieser Trend immer noch anhält. Die Haushaltsgrößenstrukturen der Gemeinden des Nachbarschaftsverbands sind für den Zeitpunkt der Volkszählung 1987 in Tab. 4 ablesbar.

Tab. 4: Haushaltsstruktur Nachbarschaftsverband Ulm 1987

            Quelle: VZ87

 

Zahl der Privat-Haushalte mit

     

1 Pers.

abs.

%

2 Pers.

abs.

%

3 Pers.

abs.

%

4 u.
m Pers.

abs.

%

Pers. in Privat-

HH

Ø HH-
Größe

Pers.

 

Ulm

47069

18492

39,3

12738

27,1

7125

15,1

8714

18,5

104065

2,21

 

Blaustein

5302

1459

27,5

1465

27,6

1013

19,1

1365

25,7

13527

 2,55

 

Erbach

3865

807

20,9

963

24,9

783

20,3

1312

33,9

11026

 2,85

 

Illerkirchberg

1438

319

22,2

372

25,9

304

21,1

443

30,8

3937

 2,74

 

Staig

953

175

18,4

238

25,0

197

20,7

343

36,0

2807

 2,95

 

Hüttisheim

398

60

15,1

107

26,9

90

22,6

141

35,4

1209

 3,04

 

Schnürpfling.

392

54

13,8

103

26,3

75

19,1

160

40,8

1211

 3,09

 

NV Ulm

59417

21366

36,0

15986

26,9

9587

16,1

12478

21,0

137782

 2,32

 

Baden-Württ.

(in 1000)

3900

1273

32,6

1057

27,1

682

17,5

889

22,8

9405

 2,41

Der Ein-Personen-Haushalt ist im Nachbarschaftsverband mit einem Anteil von inzwischen 36 % die dominierende Haushaltsform, Haushalte mit vier und mehr Personen nehmen nur noch einen Anteil von 21,0 % ein. Allerdings sind innerhalb des Nachbarschaftsverbandes ganz erhebliche  Unterschiede mit z.T. umgekehrten Anteilsverhältnissen bei den Haushaltstypen festzustellen. Während in der Stadt Ulm Kleinhaushalte weit vorne liegen, nimmt der Anteil der großen Haushalte bei fallender Einwohnerzahl der Umlandgemeinden zu, so dass die Haushaltsstruktur als Indikator für das Stadt-Land-Gefälle gedeutet werden kann. Durch die weitere Veränderung der Haushaltsstrukturen entsteht laufend Wohnungsbedarf, weil bei gleicher Einwohnerzahl und kleineren Haushalten mehr Haushalte als Nachfrager auf dem Wohnungsmarkt erscheinen. Wie lange der derzeitige Trend noch anhalten wird, ist schwer abzuschätzen.


·         Erwerbsstruktur (s. Tab. 5 )

Die Erwerbsstruktur zeigt Art und Umfang der Beteiligung der Einwohner am Erwerbsleben an. Zu den vorrangigen Zielen unserer Gesellschaft gehört das Bestreben, möglichst viele Erwerbspersonen - das ist etwas unscharf formuliert die arbeitsfähige Bevölkerung - am Erwerbsleben zu beteiligen. Dieses Ziel ist heute weit weniger erfüllt als zum Zeitpunkt der Volkszählung 1987, als im Nachbarschaftsverband Ulm von ca. 65.300 Erwerbspersonen  ca. 60.900 Personen erwerbstätig waren, die anderen arbeitslos. Noch vor zwei Jahrzehnten waren fast alle Erwerbspersonen im Arbeitsprozess integriert.

Tab. 5:  Erwerbsstruktur im Nachbarschaftsverband Ulm 1987

            Quelle: VZ87

   

Erwerbspers.

Erwerbstätige

Erwerbs-lose

Erwerbstätigen

Erwerbstätige nach Wirtschafts-Bereichen

         

Quote Sp.2/EW

Land- u. Forstwirtsch.

Prod. Gewerbe

(WA 1-3)

Dienstleistg.

(WA 4-9)

         

in %

Zahl

% v.

Sp. 2

Zahl

% v.

Sp. 2

Zahl

% v.

Sp. 2

 

Sp.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

 

Ulm

49119

45390

3729

 43,9

573

 1,3

18477

40,7

26340

 58,1

 

Blaustein

6468

6183

285

 47,0

158

 2,6

2982

48,2

3043

 49,2

 

Erbach

5243

5020

223

 46,5

262

 5,2

2555

50,9

2203

 43,9

 

Illerkirchberg

1903

1814

89

 47,0

75

 4,1

892

49,2

847

 46,7

 

Staig

1382

1339

43

 49,0

61

 4,6

673

50,3

605

 45,1

 

Hüttisheim

569

551

18

 46,0

43

 7,8

288

52,3

220

 40,0

 

Schnürpflingen

589

571

18

 47,6

53

 9,3

272

47,6

246

 43,0

 

NV Ulm

65273

60868

4405

 44,6

1225

 2,0

26139

42,9

33504

 55,0

 

Baden-Württ.

(in 1000)

4563

4355

208

 46,9

119

 2,7

2097

48,1

2140

 49,1

Das gegenwärtige Erwerbsgefüge, in dem die Dienstleistungen inzwischen einen Beschäftigungsanteil von 55 % erreicht haben, spiegelt einen rasanten Strukturwandel wider, der in diesem Jahrhundert wirksam war und noch weiter anhält: den Rückgang zunächst der Landwirtschaft zur erwerbsmäßigen Restgröße sowie Anstieg und später starker Rückgang der Arbeitsplätze im Produzierenden Gewerbe, das in den letzten Jahrzehnten mit Abstand den bedeutendsten Wirtschaftssektor darstellte, nun aber weit hinter den Dienstleistungen liegt.

Im Verhältnis zwischen Stadt und Umland ist die relativ niedrige Erwerbstätigenquote der Stadt Ulm anzumerken, die aber durch den höheren Anteil an alten Menschen und durch die hohe Studentenzahl der Universitätsstadt erklärt werden kann. Bei den einzelnen Wirtschaftsbereichen fällt auf, dass die städtische Bevölkerung weit stärker im Dienstleistungssektor beschäftigt ist als die Bevölkerung de Umlands, während es sich beim Produzierenden Gewerbe sowie bei Land- und Forstwirtschaft umgekehrt verhält.

 

3.3.                 Künftige Bevölkerungsentwicklung

Veränderungen der Einwohnerzahl sind auf zwei Einflussgrößen zurückzuführen:

1.       Die natürliche Entwicklung, die sich aus dem Saldo zwischen Geburten und Sterbefällen ergibt,

2.       Die Wanderungen, deren Saldo durch Zuzüge und Wegzüge entsteht.

Die natürliche Bevölkerungsentwicklung liegt seit dem Geburtenrückgang zum Ende der 60er Jahre auf einem bescheidenen Niveau, das sich jedoch in den Umlandgemeinden noch deutlich über jenem in der Stadt Ulm erhebt. Eine Änderung des generativen Verhaltens ist z.Zt. nicht absehbar, allerdings wird es durch den massiven Geburtenausfall seit über 25 Jahren zu einem weiteren Abschwung bei den Geburtenzahlen kommen, der nach einer längeren Übergangsphase zwischen 30 - 35 % liegen wird. Demgegenüber dürften die Sterbezahlen keinen wesentlichen Veränderungen unterworfen sein, so dass nach und nach die heutigen Geburtenüberschüsse sich in Sterbeüberschüsse verwandeln werden. Diese werden zwar bei der Stadt Ulm um einiges größer sein als im Umland, dennoch werden sie im Verhältnis zur Gesamtentwicklung kaum ins Gewicht fallen.

Auf die Bevölkerungsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte waren die Wanderungen von weit größerem Einfluss. Davon ist auch für die Zukunft auszugehen, wenngleich die Wanderungen weit schwerer voraussehbar sind.

In der letzten Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg[1]  wurden wegen der hohen Wanderungsgewinne zu Beginn der 90er Jahre  auch für die Zukunft unrealistisch hohe Zuwanderungssalden prognostiziert; für Ulm wurde bis zum Jahr 2005 ein Bevölkerungsanstieg auf 124.500 bzw. 126.100 EW errechnet.

Dies hätte, verglichen mit früheren Entwicklungen, sowohl die Aufnahmefähigkeit des Wohnungsmarktes als auch die Kapazitäten der sozialen Infrastruktur und die finanzielle Belastbarkeit der Stadt überfordert. In Anbetracht der schon vorhandenen Arbeitslosigkeit hätten Wanderungsgewinne in diesem Umfang zu einer Überbe-anspruchung des Systems der sozialen Leistungen geführt.

Wegen der geringen Plausibilität der Prognose des Landesamtes wurde deshalb für verschiedene längerfristige Planungen der Stadt Ulm eine eigene Bevölkerungsprognose erarbeitet, in der für den Zeitraum 1995 bis 2010 ein Anstieg der Einwohnerzahl von 112.800 auf ca. 120.500 EW und somit um fast 7  % für möglich gehalten wird. Dieser Zuwachs wird bei stagnierender natürlicher Entwicklung ausschließlich durch Wanderungen getragen. Dabei werden im Nahbereich Wanderungen aufgrund der Gegebenheiten am Wohnungsmarkt weiterhin defizitär verlaufen, die inländische Fernwanderung durch dauerhafte mangelnde Attraktivität des Arbeitsmarktes kaum positiv beeinflussbar sein. Lediglich aus dem Ausland bzw. durch Zuwanderung von Ausländern wird sich die Einwohnerzahl wie auch schon in den vergangenen 10 Jahren per Saldo vermehren.

Für die Umlandgemeinden des Nachbarschaftsverbandes wurde bis 2010 der gleiche prozentuale Zuwachs in Höhe von 7 % angenommen wie für Ulm. Diese Annahme ist insofern plausibel, als der verstädterte Raum einen zusammenhängenden Wohnungsmarkt bildet, dieser also einem einheitlichen Bevölkerungsdruck ausgesetzt ist. Die Prognose des Statistischen Landesamtes geht für den Alb-Donau-Kreis ebenfalls von einem Zuwachs von 7 % aus; somit spricht nichts dagegen, diesen  Wert auf die Umlandgemeinden anzuwenden. Damit könnte die Einwohnerentwicklung im Planungszeitraum  folgende Werte erreichen:

   

Zunahme EW bis 2010

Einwohner 2010

 

Ulm

7.900

120.700

 

Blaustein

1.040

  15.650

 

Erbach

  850

  12.770

 

Illerkirchberg

  310

   4.670

 

Staig

  220

   3.170

 

Hüttisheim

  110

   1.460

 

Schnürpflingen

  110

   1.480

 

NV Ulm

10.540

159.900

 

3.4.                 Wohnbauflächenbedarf

Der Wohnungsbedarf einer Gemeinde ist ganz überwiegend von der Zahl ihrer Einwohner, von ihrer Organisation in Haushalten und ihrem Anspruchsniveau abhängig. Der Wohnungsbedarf in der Flächennutzungsplanung darf allerdings nicht verwechselt werden mit der zu einem beliebigen Zeitpunkt am Wohnungsmarkt auftretenden Nachfrage. Der erstgenannte stellt eine normative Bedarfsbemessung für die wohnungssuchende Bevölkerung dar, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und von qualitativen Kategorien des Angebotes. Diese Abstraktion ist deshalb vertretbar, weil eine menschenwürdige Versorgung mit dem Gut "Wohnung" entweder durch eigene Leistungsfähigkeit oder durch das System der sozialen Absicherung allen vernünftig handelnden Einwohnern möglich sein müsste. Im Gegensatz zur konkreten Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt, die in eine Vielzahl qualitativer Teilmärkte zerfällt, wird der hier abgehandelte Wohnungsbedarf nicht weiter aufgegliedert. Die konkrete Nachfrage am Markt ist für den Flächennutzungsplan nicht relevant und auch nicht bestimmbar, weil die Marktkräfte aufgrund ihrer schnell und ständig wechselnden Voraussetzungen immer nur kurzfristige Situationen widerspiegeln, für einen längerfristigen Zeitraum aber keine verlässliche Aussage liefern.

Die einzelnen Komponenten des Wohnungsbedarfs sind im Zeitablauf nicht konstant, weshalb auch nicht die aktuellen Werte zur Bedarfsberechnung herangezogen werden können, sondern die künftigen Entwicklungen zu berücksichtigen sind.

3.4.1.           Wohnungsbedarf und Bevölkerungsentwicklung

Für die Bevölkerungsentwicklung des Nachbarschaftsverbands Ulm ist zwischen 1995 und 2010 ein Bevölkerungszuwachs von 10.540 EW vorgesehen (s. Kap. "Künftige Bevölkerungsentwicklung"). Neubauwohnungen werden voraussichtlich in der Stadt Ulm und in Blaustein im Durchschnitt von 2,3 Personen je Wohnung belegt, in den anderen Umlandgemeinden mit ihrem höheren Einfamilienhausanteil und größeren Haushalten mit 2,5 Personen je Wohnung.


Daraus leitet sich für die einzelnen Gemeinden aufgrund der Einwohnerentwicklung folgender Wohnungsbedarf ab:

 

Ulm

3.430 WE

 

Blaustein

420 WE

 

Erbach

 340 WE

 

Illerkirchberg

130 WE

 

Staig

90 WE

 

Hüttisheim

45 WE

 

Schnürpflingen

45 WE

 

NV Ulm

4.500WE

3.4.2.           Veränderung der Wohnungsbelegung (s. Abb. 3)

Während des gesamten 20. Jahrhunderts - ausgenommen in Kriegs- und Notzeiten - ist die durchschnittliche Belegung von Wohnungen aus unterschiedlichsten Gründen ständig gesunken. Waren früher sinkende Kinderzahlen und die Auflösung der Mehrgenerationen-Haushalte die wichtigsten Gründe dafür, so können heute die immer frühere Ablösung der Kinder von der Familie, die zunehmenden Scheidungsraten und die weit geringere Neigung zu Ehe und partnerschaftlicher Bindung mit dem Entstehen von Single-Haushalten dafür verantwortlich gemacht werden. Voraussetzung dafür war eine positive wirtschaftliche Entwicklung, die diese steigenden Ansprüche der Bevölkerung finanziell erst ermöglicht hat. Die ständige Verkleinerung  der durchschnittlichen Haushaltsgröße schlägt sich auch bei einer gleichbleibenden Einwohnerzahl in zusätzlichem Bedarf nieder.

Abb. 3:  Entwicklung der Wohnungsbelegung


EW/WE

In Abbildung 3 ist der beinahe gesetzmäßige Verlauf dieses Trends für Ulm für fast drei  Jahrzehnte dargestellt. Dieser Trend hat sich mit den Jahren zwar zusehends abgeschwächt, aber er ist immer noch deutlich wirksam. Sein Verlauf strebt asymptotisch einem heute noch nicht erkennbaren Grenzwert zu.

Im Nachbarschaftsverband Ulm sowie in der Stadt Ulm hat die Wohnungsbelegung in den letzten 25 Jahren um 28 % abgenommen, in Blaustein mit 31 % sogar noch etwas mehr. Am geringsten war die Abnahme in Hüttisheim und in Schnürpflingen, während Erbach, Illerkirchberg und Staig fast dem Durchschnitt nahekommen. Diese Abnahme hat im vorhandenen Wohnungsbestand einen umfangreichen "Freisetzungseffekt" bewirkt, der wiederum eine große Nachfrage nach Wohnungen ausgelöst hat. Der größte Teil aller im Nachbarschaftsverband seit 30 Jahren entstandenen Wohnungen ist auf diese Nachfrage zurückzuführen und nur ein kleiner Teil auf die Zunahme der Bevölkerung.

Seit 1987 schien dieser Effekt abrupt abzubrechen. Dies war aber, wie jetzt deutlich sichtbar wird, eine vorübergehende Verdichtung im Wohnungsbestand, ausgelöst durch die starke Zuwanderung nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems. Seit 1992 fällt die durchschnittliche Wohnungsbelegung wieder  stark ab und sie hat inzwischen fast  den prognostizierten Wert (s. Abb. 3) erreicht.

Für den künftigen Wohnungsbedarf bedeutet dies, dass für Ulm und Blaustein mit einer Abnahme um 0,7 % pro Jahr bzw. um 10 % bis 2010 zu rechnen ist, für Erbach und den Gemeindeverwaltungsverband Illerkirchberg-Weihungstal aufgrund der deutlich höheren Ausgangswerte um 0,8 % p.a. bzw. um 11,5  % bis 2010. Damit entsteht für die nächsten 15 Jahre folgender Wohnungsbedarf:

   

Abnahme der Wohnungsbelegung bis 2010

   

%

p.a.

%

ges.

betroffene

EW

WE-Belegung

EW/WE

WE-Bedarf

WE

 

Ulm

0,7

10,0

11.290

2,3

4.910

 

Blaustein

0,7

10,0

1.460

2,3

640

 

Erbach

0,8

11,5

1.370

2,5

550

 

Illerkirchberg

0,8

11,5

500

2,5

200

 

Staig

0,8

11,5

340

2,5

140

 

Hüttisheim

0,8

11,5

155

2,5

60

 

Schnürpflingen

0,8

11,5

155

2,5

60

 

NV Ulm

0,7

10,2

15.270

2,33

6.560

3.4.3.           Bedarfsstau

Den massiven Zuwanderungen von 1987 bis 1992 stand keine dementsprechende Zunahme der Wohnungsbauleistung gegenüber, außerdem wäre der größte Teil der Zuwanderer, der ja überwiegend aus Aussiedlern, Umsiedlern, Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen und anderen Ausländern bestand, wirtschaftlich gar nicht in der Lage gewesen, eine Wohnung zu mieten. Viele dieser Zuwanderer mussten in Sammelunterkünften untergebracht werden, teilweise konnten sie auch bei Verwandten oder Freunden unterkommen. Dadurch wurde ein "Bedarfsstau" erzeugt, der sicherlich erst in einigen Jahren abgebaut werden kann. Eine Schätzung dieses
Phänomens ist insofern schwierig, als ein beträchtlicher Teil dieses Personenkreises (z.B. Kriegsflüchtlinge, teilweise auch nicht anerkannte (z.B. Asylbewerber) das Land wiederverlassen müssen wird.

Einen Anhaltspunkt für die Größe des Bedarfsstaus liefert die Abweichung der tatsächlichen Wohnungsbelegung des Jahres 1995 vom ermittelten langfristigen Trend. Er beträgt 3,5 %, womit ausgedrückt ist, dass derzeit dieser Anteil der Bevölkerung wohl keine angemessene Wohnungsversorgung hat. Unterstellt man aufgrund der Wanderungsstrukturen, dass davon 2/3 nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren werden, ergibt sich für den Nachbarschaftsverband folgende Bedarfsrechnung:

   

Bedarfsstau EW

WE-Belegung EW/WE

Bedarf EW

 

Ulm

2.630     

2,3     

1.140     

 

Blaustein

340     

2,3     

150     

 

Erbach

280     

2,5     

110     

 

Illerkirchberg

100     

2,5     

40     

 

Staig

70     

2,5     

30     

 

Hüttisheim

30     

2,5     

15     

 

Schnürpflingen

30     

2,5     

15     

 

NV Ulm

3.480     

2,32   

1.500     

3.4.4.           Ersatzbedarf für Wohnungsabgänge

Der Wohnungsbestand wird nicht nur durch Neubauten laufend vergrößert, sondern durch Abgänge auch etwas gemindert. Ursachen dieses Wohnungsschwundes können z.B. sein:

-          Abbrüche von Gebäuden  mit Wohnungen

-          Nutzungsänderungen von Wohnungen

-          Zusammenlegungen von Wohnungen

Diese Vorgänge erscheinen nur teilweise in den laufenden Statistiken; quantitativ nachweisbar sind sie erst nach Gebäude- und Wohnungszählungen, die jedoch nur mit großen Zeitabständen durchgeführt werden.

Aufgrund der Erfahrungen der letzten Gebäude- und Wohnungszählungen in den Jahren 1968 und 1987 kann die Größe dieses Ersatzbedarfs für die nächsten Jahre mit ca. 2 % vom Wohnungsbestand angesetzt werden. Daraus ergibt sich für die Nachbarschaftsverbandsgemeinden folgender Bedarf:



Ulm

1.030 WE

 

Blaustein

130 WE

 

Erbach

 195 WE

 

Illerkirchberg

35 WE

 

Staig

20 WE

 

Hüttisheim

10 WE

 

Schnürpflingen

10 WE

 

Nachbarschaftsverband Ulm

1.330 WE

3.4.5.           Mobilitätsreserve

Ein funktionierender Wohnungsmarkt benötigt über den eigentlichen Wohnungsbedarf hinaus eine Leerstandsreserve zur Abwicklung von Wohnungswechseln. In der Wohnungswirtschaft wird hierfür eine Größenordnung von 3  % des Wohnungsbestandes als notwendig angesehen, die zusätzlich zum oben ermittelten Bedarf noch anzusetzen ist. Auf die einzelnen Gemeinden fällt dabei folgender Anteil:

 

Ulm

330 WE

 

Blaustein

40 WE

 

Erbach

 30 WE

 

Illerkirchberg

10 WE

 

Staig

10 WE

 

Hüttisheim

5 WE

 

Schnürpflingen

5 WE

 

Nachbarschaftsverband Ulm

430 WE

3.4.6.           Gesamtbedarf

Für den gesamten Nachbarschaftsverband Ulm besteht bis zum Jahr 2010 aus den o.a. Bedarfskomponenten insgesamt ein voraussichtlicher Wohnungsbedarf in Höhe von 14.320 Wohnungen.

In Tabelle 6 ist dieser Bedarf zusammenfassend nach den einzelnen Verbandsgemeinden und Bedarfskomponenten dargestellt. Er ist Grundlage für die Bemessung des Umfanges neuer Wohnbaugebiete in den Gemeinden des Nachbarschaftsverbands.

In dieser Bedarfsrechnung sind allerdings marktwirksame Einflüsse aus anderen Gemeinden nicht berücksichtigt. Während aus den meisten Umlandgemeinden außerhalb des Nachbarschaftsverbandes keine Entwicklung angestrebt wird, die in einem Konflikt zu den Planungen des Nachbarschaftsverbandes stehen würden, sind aus der Stadt Neu-Ulm Planungsabsichten bekannt, die erheblichen Konkurrenzcharakter zu Ulm annehmen könnten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Stadt Neu-Ulm in weit fortgeschrittenem Planungsstadium des Flächennutzungsplanes die umfangreichen US-Kasernenareale kaufen konnte, die nun das Wohnflächenangebot erheblich vergrößerten. Neuerdings versucht auch die Deutsche Bahn AG, einen großen Teil des Neu-Ulmer Bahngeländes für neue Nutzungen zu verkaufen.

Somit kann die Stadt Neu-Ulm über ein Wohnbauflächenpotential verfügen, das die ursprünglichen Bedarfsansätze der Neu-Ulmer Flächennutzungsplanung deutlich übersteigt und zusammen mit dem Ulmer Flächenangebot am Markt zu Spannungen  führen könnte. Nach neuen Informationen der Neu-Ulmer Stadtplanung ist aber inzwischen eine erhebliche Verringerung der Wohnbaudichte auf dem Wiley-Gelände vorgesehen und eine zeitliche Streckung des bisherigen Flächenangebots bis zum Jahre 2010. Damit ist die Gefahr einer unwirtschaftlichen Konkurrenzsituation auf dem Wohnungsmarkt abgewendet.

Tab. 6:  Wohnungsbestand 1995 und  Wohnungsbedarf bis 2010

   

Wohnungsbestand

1995 WE

Wohnungsbedarf in WE wegen:

   

Bev.-

Entw.

Verring.

WE-Beleg.

Bedarfs-

stau

Ersatz-

bedarf

Mobilit.-

Reserve

Summe

 

Ulm

51.792

3.430

4.910

1.140

1.030

330

10.840

 

Blaustein

6.385

420

640

150

130

40

1.380

 

Erbach

4.668

340

550

110

95

30

1.125

 

Illerkirchbg.

1.765

130

200

40

35

10

415

 

Staig

1.131

90

140

30

20

10

290

 

Hüttisheim

474

45

60

15

10

5

135

 

Schnürpflg.

472

45

60

15

10

5

135

 

NV Ulm

66.687

4.500

6.560

1.500

1.330

430

14.320

 

[1]Statistik von Baden-Württemberg, Bd. 483, 1994